Das WingTsun vereint in sich drei chinesische Philosophien, die universelle Grundgedanken darstellen, wie man sich sowohl im Kampf als auch im allgemeinen Leben verhalten kann oder sollte. Das Erlernen der Kampfkunst WingTsun ist hierbei ein Mittel, um diese Grundgedanken zu verstehen und in den verschiedenen Bereichen des Lebens umsetzen zu können.

Taoismus

Auf dem Taoismus beruhen unsere Prinzipien für das kämpferische Bewegen. Ein zentraler Begriff im Taoismus ist WuWei, welcher als ein Zustand der Achtsamkeit und beständiger Geistesgegenwart beschrieben werden kann, der Raum für alles bietet, ohne etwas Bestimmtes zu erwarten. In der körperlichen Auseinandersetzung findet das WuWei-Prinzip Anwendung, indem man statt vorzuplanen, sich für alles bereit macht und somit nicht mehr überrascht werden kann. Den gewonnenen Zustand der Achtsamkeit nutzt man hierbei, um sich ein ganzheitliches Bild von der Situation (der Umgebung, dem Gegner, seiner Position etc.) zu machen, damit eine Anpassung an die Richtung und die Intensität des Angriffs möglich ist. Dabei versucht man sich mit dem Angreifer zu verbinden und möglichst viele Informationen über den Angriff zu sammeln, indem man zwar entspannt, jedoch nicht kraftlos ist und stets die Bereitschaft hat auf jeden Reiz zu reagieren.

Chan(Zen)-Buddhismus

Dem Chan-Buddhismus entspringt der Gedanke, die Kampfkunst als einen Weg zur Selbstverwirklichung und zur Entwicklung der eigenen Persönlichkeit wahrzunehmen. Die Ausübung der Kampfkunst ist dabei ein Mittel, das den Trainierenden zu einem bestimmten geistig-psychischen Bewusstseinszustand führen soll, der ihm sowohl die vollkommene Ausschöpfung seiner geistigen als auch seiner körperlichen Fähigkeiten ermöglichen soll. Besonderes Achtsamkeitstraining lehrt Ruhe und Klarheit zu gewinnen und diese auch in komplexen Situationen umsetzen zu können. Gleichzeitig hat diese Entwicklung den Nebeneffekt die psychische Kampfkraft zu verbessern, sodass aus den chan-buddhistischen Methoden die mentalen Fähigkeiten der „Großen Sieben“ – Achtsamkeit und Kampfgeist – resultieren.

Konfuzianismus

Im Konfuzianismus wurzeln das Lehr- und Lernverhalten des WingTsun. Sowohl das Wahren von Tradition, bestimmten Verhaltensnormen, als auch den fünf Tugenden (Menschlichkeit, Sittlichkeit, Rechtschaffenheit, Weisheit und Vertrauenswürdigkeit) spielen eine wichtige Rolle. Lernen zu dürfen ist ein Privileg, welches jedoch jedem offen steht, der sich als würdig erweist und hart zu arbeiten bereit ist. Aus dem Konfuzianismus entspringt auch das Familiensystem einer Kampfkunstschule in der die Hierarche klar festgelegt und geachtet wird, z.B. so wie die Beziehung zwischen dem Vater-Lehrer (Si-Fu) und dem Schüler.

 

Regina Korabtsova